Klartext
Geistiges zum Zeitgeist
Spaziergänge – von unten betrachtet (20. Mai 2024)
Es ist ein Samstagnachmittag im November, und ich gehe spazieren. Also eigentlich bin ich auf einer Demo, zusammen mit etwa 120.000 anderen Menschen, aber wir leben nun in einer Zeit, in der die Demokratie eine kleine Pause eingelegt hat und Demonstrationen offiziell verboten sind, weshalb man solche gemeinsamen Widerstandsmärsche als "Spaziergänge" tarnen und sie auch als solche bezeichnen muss. Ironisch bezeichnen.
Heute Abend werden sie wieder darüber berichten, in sämtlichen Medien, und es werden wieder Berichte vollgestopft mit Unwahrheiten, Diffamierungen und Hetze sein.
Auch Bilder davon wird es wieder geben, so viele Bilder, bei deren Anblick ich wieder tausend Fragen haben werde, die ich niemandem zu stellen brauche, weil ich sie ohnehin nicht beantwortet bekommen werde, die ich aber auch gar nicht stellen muss, weil ich sie mir selbst beantworten kann.
Immer wenn ich seit dem 13. März 2020 an Bilder in Zeitungen und sozialen Medien denke, schießen mir als Allererstes jene der schier zahllos sein wollenden Särge aus Italien in den Kopf, die da in beinahe schon penibler Ordnung aufgereiht vor uns stehen und uns suggerieren sollen, dass es sich hierbei allesamt um Opfer der sogenannten schlimmsten Seuche des 21. Jahrhunderts handelt. Bilder, von denen sich aber nur wenig später schon herausstellen würde, dass sie nichts, aber auch rein gar nichts mit einer Pandemie zu tun haben, sondern es sich bei diesen unter tragischen Umständen zu Tode gekommenen Menschen nicht um an Covid oder irgendeiner anderen Seuche Verstorbene, sondern in Wahrheit um die Opfer einer Flüchtlingskatastrophe auf offener See handelt.
Wahrheit und Lüge.
Sein und Schein.
Weitere solcher aus den Tiefen von Archiven hervorgeholte und aus Kontexten herausgerissene Bilder würden diesen nachfolgen, zusammen mit angstschürenden und zutiefst verunsichernden Fake-News. Eine ganze Lawine davon. Man würde uns so lange damit zuschütten, bis wir nicht mehr in der Lage sein würden, Wahrheit von Lüge, Sein von Schein zu unterscheiden. Wir sollten uns alle so lange um uns selbst drehen, bis wir von einem Schwindel überfallen sein würden, der uns nicht nur komplett orientierungslos machen sollte, sondern dessen Hauptziel es war, dass wir an uns selbst zweifelten, uns selbst infrage stellten.
Vertigo.
Angststörungen.
Depressionen.
Suizid.
Die subtilen Methoden des klassischen Gaslighting. Zumindest für all jene subtil, die mit dieser Art von psychologischer Kriegsführung nur wenig vertraut sind. Aber genau deshalb auch so perfide und äußerst wirkungsvoll.
Doch auch für diejenigen, die diese Psychospielchen von der ersten Sekunde an durchschauten und erkannten, dass sie rund um die Uhr in Minutentakt mit Propaganda bombardiert wurden, bedeuteten die Jahre, die dieses Schauspiel andauern sollte, eine große mentale Belastung, und das – im Gegensatz zum überwiegenden Teil der Bevölkerung – nicht, weil sie Angst hatten, an einem Virus zu erkranken, der nicht tödlicher war als all die zahlreichen anderen Rhinoviren, mit denen wir es unser ganzes Leben lang jeden Tag zu tun haben, sondern weil ihnen von Anfang an klar gewesen war, welcher eigentliche Sinn und Zweck hinter diesem Paradeschauspiel des Totalitarismus steckte, und wer auch nur das kleinste bisschen Zeit in eine seriöse, eigenständige Recherche fernab der Mainstream-Medien investiert hatte, dem war schnell klar gewesen, welche Dimensionen dieser Coup hatte und welch einflussreiche und mächtige Persönlichkeiten und Global Player hinter dieser ganzen Sache standen, was auch bei denjenigen, die völlig immun gegen jede Art von Propaganda und Brainwashing waren, genau dasselbe ausgelöst hatte wie bei denjenigen, die der Viren-Panikmache auf den Leim gegangen waren: pure Angst.
Wir alle, die wir hier und heute Teil dieses Spaziergangs entlang der Wiener Ringstraße sind, wir alle haben diesem psychischen Druck nun eineinhalb Jahre lang standgehalten, sie haben es nicht geschafft, unseren Willen zu brechen und uns gefügig zu machen, aber wir haben für unseren Widerstand auch einen hohen Preis bezahlt.
Für einige war dieser Preis der Job, für andere Freundschaften oder ihre Gesundheit, die sensibleren Seelen unter uns bezahlten für ihre Weigerung, sich zu unterwerfen, sogar mit ihrem Leben.
Seit Monaten leisten diese Spaziergänger um mich herum, die sich als Gemeinschaft wie eine sanfte, aber dennoch gewaltige Woge um die Wiener Innenstadt bewegen, leisten wir alle hier Widerstand und werden nicht aufhören, gegen Propaganda, Hetze und Totalitarismus zu kämpfen, jeder Einzelne von uns auf seine eigene Art und mit seinen eigenen Mitteln.
Oft habe ich innegehalten in den letzten eineinhalb Jahren, mir völlig bewusst, wie hoch der Preis war, den auch ich zu bezahlen gehabt hatte, wenngleich dieser Preis im Vergleich zu anderen wohl dennoch äußerst gering gewesen war, und ich versuchte an diesen Stellen des Innehaltens dann auch oftmals, aus meinem Leben herauszutreten und die Dinge als Gesamtheit nicht nur von außen, sondern oftmals sogar von oben zu betrachten, und jedes Mal, wenn ich das tat, fragte ich mich aufs Neue: Ist es das alles wert: die Ausgrenzung aus der Gesellschaft, die Isolation von anderen, die Hetze, die uns jeden Tag verfolgt, der Spott und die Diffamierungen? Wird unser Widerstand denn jemals Früchte tragen? Kämpfen wir da nicht gegen etwas, das um so viel stärker ist als wir alle zusammen, etwas so Mächtiges, das wir ohnehin niemals besiegen werden? Diese Geschichte von David gegen Goliath, sollten wir nicht einfach nur das in ihr sehen, was sie in Wahrheit auch ist, nämlich zwar eine Geschichte, die von Mut und Hoffnung handelt und davon, dass wir niemals aufgeben sollen, egal wie klein wir uns fühlen und wie gering unsere Chancen auf einen Sieg auch sein mögen, aber in Wahrheit doch nichts anderes als eine schöne Geschichte, eine bloße Allegorie?
Ich spaziere mit etwa 120.000 anderen Menschen die Wiener Ringstraße entlang, bin Teil einer Woge, die sich sanft, aber sehr bestimmt um die Innenstadt bewegt, immer im Kreis und ohne jemals an irgendeiner Küste anzukommen, aber auch ohne auf ein scharfes Riff aufzulaufen und daran zu zerschellen. Sie ist eigentlich vielmehr wie ein beständiger Fluss, der immer breiter und brausender zu werden scheint, beinahe wie ein Perpetuum Mobile, das seine Energien nur aus sich selbst heraus schöpft und es dabei sogar schafft, sich immer mehr aufzuladen, indem es kontinuierlich außenstehende Teilchen in sein Gefüge aufsaugt, angezogen von einer Kraft, die eine magnetische Wirkung zu haben scheint, sogar auf mich, die ich einerseits bereits Teil von ihr bin und es als bekennende Individualistin und leidenschaftlicher Freigeist andererseits eigentlich nie hatte sein wollen.
Der aufkeimende Faschismus, der so völlig neu für mich ist und mir dennoch so vertraut, als wäre er schon mein ganzes Leben lang immer wie ein Schatten an meiner Seite gewesen, hat mich verändert, hat mir vor allem sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass es nichts Skrupelloseres und Gefährlicheres gibt als eine durch Propaganda aufgehetzte und durch radikale Gehirnwäsche willenlos gemachte Masse und dass das Potenzial jeder Widerstandsbewegung deshalb immer nur in der Stärke der einzelnen Individuen liegen kann, dass es aber auf der anderen Seite auch erst eines Zusammenspiels dieser Individuen bedarf, damit diese Bewegung an Stärke und Überzeugungskraft gewinnt. Eine Tatsache, die so voller Ambivalenz steckt wie das Leben selbst und die für mich persönlich wohl immer eine Art Ritt auf dem Paradoxon bleiben wird, aber das Wasser ist mein Lieblingselement und mit dem Duft und der scheinbaren Unendlichkeit des Meeres, mit Wogen und Wellen, damit kann ich definitiv etwas anfangen.
Der Gedanke an die scheinbare Existenz der Unendlichkeit ist das Einzige, was mir Trost und Halt gibt in einer Welt, in der alles immer kurzlebiger und unbeständiger wird, in der alles Bisherige infrage gestellt wurde.
Nichts ist heute mehr so, wie es gestern noch selbstverständlich schien, und ich spüre, wie mich diese plötzliche Erkenntnis von einem immensen Gewicht befreit, das viel zu lange Zeit auf mir gelastet und mich unfrei gehalten hatte. Wer alles verloren hat, der muss sich an nichts mehr gebunden fühlen, der kann alles Gewesene hinter sich lassen und von nun an einen völlig neuen Weg gehen, einen, den er sonst wahrscheinlich niemals eingeschlagen hätte.
Der wiederaufkeimende Totalitarismus hat mir vieles genommen, vielleicht so gar alles auf lange Sicht, aber auf der anderen Seite hat er mir so viel mehr gegeben, als ich je hatte. Diese Woge hier zum Beispiel, deren Teil ich nun geworden bin und die mir nicht nur ein Gefühl von Leichtigkeit und Freiheit gibt, sondern auch von Geborgenheit, und eine Energie und Willenskraft, wie ich sie schon viele Jahre nicht mehr gespürt habe, ein neues Selbstbewusstsein und eine innere Stärke, deren Dimension ich früher niemals auch nur zu erahnen gewagt hätte.
Ich bin nur ein kleiner David. Meine einzige Waffe sind Worte, und ich wäre niemals so vermessen zu glauben, dass es mir so wie jenem David aus dieser wunderschönen Geschichte jemals gelingen könnte, einen Goliath zu bezwingen. Aber das muss ich auch gar nicht. Ich bin heute Teil einer Woge geworden, die sanft, aber bestimmt die Wiener Innenstadt umfließt, die aber Tropfen für Tropfen, Salzkorn um Salzkorn, zu einem Tsunami heranwachsen könnte, der eines Tages die Kraft haben wird, die Mauern von Totalitaria niederzureißen und sie in die nur scheinbare, aber trotzdem so tröstliche Unendlichkeit des offenen Meeres hinwegzuspülen.
Spaziergänge – von oben betrachtet (13. Juni 2022)
Es ist ein Samstagnachmittag im November, und ich gehe spazieren. Also eigentlich bin ich auf einer Demo, zusammen mit etwa 120.000 anderen Menschen, aber wir leben nun in einer Zeit, in der die Demokratie eine kleine Pause eingelegt hat und Demonstrationen offiziell verboten sind, weshalb man solche gemeinsamen Widerstandsmärsche als "Spaziergänge" tarnen und sie auch als solche bezeichnen muss. Ironisch bezeichnen. Denn keiner hier schert sich um das von der Regierung ausgesprochene Demonstrationsverbot, genauso wenig wie sich hier jemand auch nur im Geringsten darum schert, was die Regierung will und verordnet. Zumindest mir geht das alles schon lange am Arsch vorbei. Und um das gleich vorwegzunehmen: Nein, ich werde mich nicht gewählter ausdrücken. Schöne, die Realität verbrämende Metaphern sind in Tagen wie diesen nicht angebracht, es ist Zeit für deutliche Worte, Zeit für Klartext.
Manche nennen die geschichtliche Epoche, in der wir uns gerade befinden, Pandemie. Andere bezeichnen sie als Plandemie. Ich bevorzuge den Begriff Faschismus.
Mit dem Phänomen Faschismus habe ich mich mein ganzes Leben lang auseinandergesetzt, familienbedingt und im Rahmen meiner verschiedenen Studien. Ich kann den Faschismus zehn Kilometer gegen den Wind riechen und erkenne ihn, wenn er vor mir steht. Er mag einer der begnadetsten Blender sein, doch mich täuscht er nicht. Und er erkennt seinerseits mit Sicherheit sofort, dass er hier einer seiner entschlossensten Gegnerinnen gegenübersteht, weshalb wir da auch nicht lange herumaffen und zuerst einmal Höflichkeiten austauschen müssen.
Es ist lange her, dass ich das letzte Mal auf einer Demo war, zwanzig Jahre etwa. Damals demonstrierte ich gegen eine frisch angelobte Regierung, die auch ein Hauch von Faschismus und Korruption umwehte.
Damals habe ich den Fehler gemacht, zu schnell aufzugeben. Der Widerstand ebbte schnell ab, und man ließ den Dingen seinen Lauf. Man passte sich an die neuen Gegebenheiten an und wendete sich wieder dem Tagesgeschäft zu.
Ein kapitaler Fehler, den ich kein zweites Mal begehen werde, denn das Tagesgeschäft hatte mich seitdem so sehr abgelenkt und beschäftigt gehalten, dass ich die totalitären Strukturen, die sich nicht nur hier in Österreich, sondern in ganz Europa in Windeseile verfestigt haben, beinahe verschlafen hätte.
Nein, nicht beinahe. Ich habe verschlafen. Ich hätte längst erkennen müssen, was abläuft, ich hatte alle Anzeichen dafür zwanzig Jahre lang vor Augen gehabt, sie auch teilweise gesehen, mich auch unwohl mit ihnen gefühlt, doch ihre Konsequenzen unterschätzt. Aber das ist es ja gerade, worauf der Feind immer hofft, nicht wahr, dass man ihn unterschätzt nämlich, das ist seine Stärke, und nun, da ich aus meinem Dornröschenschlaf erwacht bin und die Dinge und ihre Zusammenhänge endlich wieder völlig klar vor Augen habe, da mag es vielleicht schon zu spät sein, um das Ruder wieder herumzureißen und die Demokratie, wie wir sie einst kannten, zurückzuerobern.
Aber an solche Dinge denkt man nicht, wenn man hier zusammen mit 120.000 anderen Widerständlern die Wiener Ringstraße entlangmarschiert, Menschen aller Alters- und Berufsgruppen und jeder politischen Couleur, das Einzige, was man hier denkt und spürt, ist, dass man nicht alleine ist mit seiner Wahrnehmung und seinen Befürchtungen, dass es da draußen unglaublich viele Menschen gibt, die sich von dem Schreckgespenst Faschismus nicht blenden und hinters Licht führen lassen, und auch wenn der eine oder andere von ihnen in den nächsten Wochen und Monaten noch einknicken mag, so weiß man doch, dass man gemeinsam eine Gruppe darstellt, die groß und stark genug ist, um sich dem Totalitarismus mit Bestimmtheit entgegenzustellen und ihm die Stirn zu bieten.
Und ich denke auch, dass wir das eigentlich auch gar nicht wollen, die Demokratie zurückerobern, die wir einst kannten, eine Demokratie, die offensichtlich schon lange nicht mehr widerstandsfähig und lebendig genug gewesen war und sich einer Taubenfeder gleich bereits vom ersten stärkeren Sturm hat davonwehen lassen. Wir alle hier – und das kann ich deutlich spüren – haben uns ein viel höheres Ziel gesetzt: eine Zukunft, die viel freier, gerechter und harmonischer ist als das, was hinter uns liegt.
Es ist Zeit, die Gesellschaft zu verändern und die Zukunft ganz neu zu schreiben. Eine Zukunft, in der der Mensch mit seinen individuellen Bedürfnissen wieder im Mittelpunkt steht, eine Zukunft, in der wir nicht – ganz im Sinne des ständig proklamierten Transhumanismus – von Technologien und Maschinen versklavt und dauerüberwacht werden, sondern eine solche, in der wir uns die Technologien – außerhalb unserer Körper - zunutze machen, um eine egalitärere, sozial gerechtere und friedlichere Gesellschaft zu werden. Der Faschismus ist eine der größten Bedrohungen einer freien Gesellschaft, aber er kann gleichzeitig auch als eine Chance verstanden werden, all die Fesseln abzustreifen, die uns so lange daran hinderten, uns in einem positiven Sinne weiterzuentwickeln, vom alten Pfad, auf dem wir ohnehin schon viel zu lange stur dahingetrottet sind, ohne überhaupt sein Ziel zu kennen, abzubiegen und ganz neue Wege einzuschlagen.
You may say that I am a dreamer, but I am not the only one. Und obwohl ich mein ganzes Leben lang immer ein Freigeist und eine Einzelgängerin gewesen bin, die sich von Massen stets so gut wie möglich ferngehalten hat, weil aus ihnen auch nur selten in der Geschichte der Menschheit etwas Gutes erwachsen ist und weil sie mir stets Unbehagen bereitet haben, so schlägt mir hier inmitten dieser Menge von 120.000 Gleichgesinnten eine Welle der Geborgenheit entgegen, die ich in dieser Form in meinem Leben überhaupt noch nie gespürt habe. Eine Welle, die mich trägt, eine Welle, die mich wärmt, eine Welle, die mir so viel Selbstbewusstsein und Kraft gegeben hat, dass ich von nun an jederzeit bereit sein werfe für diesen und auch jeden anderen Kampf, den es auszufechten gilt – auch ganz alleine, wenn es sein muss.
Der Faschismus ist im Kern seines Wesens ja doch auch nur eines dieser Nachtgespenster, die verschwinden, sobald man das Licht anmacht und über sie lacht und keine Angst mehr vor ihnen hat.